Albert Morey Bâtard-Montrachet

Ein scheiß Jahr

Albert Morey & Fils – Bâtard-Montrachet Grand Cru 1974

Es gibt viele legendäre Weingüter im Burgund. Albert Morey – nicht zu verwechseln mit Pierre-Yves Colin-Morey, Caroline Morey, Thomas Morey, Bernard Morey, Marc Morey oder Jean-Marc Morey, die allesamt ebenfalls Weingüter im 300-Einwohner-Dorf Chassagne-Montrachet betreiben – ist keines davon. Einen besonderen Ruf hat jedoch die Lage, aus der dieser Wein stammt. Oder eher stammen soll, denn ich bin mir nur zu 80 Prozent sicher auf dem Etikett wirklich noch Bâtard-Montrachet entziffern zu können. Aber eine andere Lage in der Nähe von Chassagne-Montrachet die mit Bâ… anfängt und …het endet, kenne ich nicht.

Es gibt auch viele legendäre Jahrgänge im Burgund und 1974 ist keiner davon. Das Frühjahr soll mild gewesen sein, vereinzelt habe es Probleme mit Spätfrost gegeben und ab Ende August kam kubikmeterweise Wasser vom Himmel. Der DECANTER berichtet sogar von Schnee während der Lese und fällt ein eindeutiges Urteil über 1974: “Ignore it.”

Trotzdem schmeckt der Wein von Albert Morey großartig. Viel Röstigkeit, Brioche und Butter. Mich erinnert das an Frankfurter Kranz mit allem drum und dran. Buttercreme, Biskuit, Krokant, Zitronenschalenabrieb. Faszinierend ist aber vor allem die unfassbare Nussigkeit. Geröstete Mandeln, die wohl vom selbstbewussten Einsatz von neuen Eichenholzfässern kommen und ein Walnusston, den ich als Boten einer über die Jahre fortgeschrittenen Oxidation deute und der sich genial und frech an die sonst eher ruhigen braven Aromen anschmiegt.

“1974 war ein scheiß Jahr aber bei dem Alter ist der Keller wichtiger als der Jahrgang”, sagte der Händler, der mir diesen Wein für philanthropische 35 Euro verkauft hat. Der Keller war wohl gut. Denn der Füllstand, etwa wurstfingerbreit unterhalb des Korkens, und der nahezu unversehrte Korken haben dafür gesorgt, dass auch nach fast einem halben Jahrhundert noch jede Menge Frische da ist. Eine fast schon spitze Säure gibt dem Wein eine unglaubliche Länge und sorgt dafür, dass er nicht ins plump Buttrige kippt. Das ist Burgund! Manchmal muss man schlaue Jahrgangsempfehlungen auf dem Weg zur Glückseligkeit eben einfach ignorieren.

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