Kikelet Pince – Tokaji Hárslevelű 2018
Das ist mein erster reinsortiger Hárslevelű. Hárslevelű heißt auf Deutsch Lindenblättriger, wird aber fast nur in Ungarn angebaut, weswegen man am besten beim ungarischen Begriff Hárslevelű bleibt. Die weiße Rebsorte bildet zusammen mit Furmint die klassische Tokaj-Cuvée und steuert bei den edelsüßen Aszúweinen die typischen floralen Noten bei.
Genau diese floralen Töne finden sich im Hárslevelű von Kikelet wieder. Fast schon penetrant liegt ein Frühlings- und Blütenstaubaroma über dem Wein. Dazu eine Mischung aus faszinierender Leichtigkeit und öliger Mandarinenschale. Lehrreich ist der Wein in dem Sinn, dass ich in reinsortigem Furmint diese Blütenaromen, die in jedem Aszú–Wein stecken, nie gefunden habe. Dass diese Blütigkeit von Hárslevelű kommt, war mir zwar nie in den Sinn gekommen – Trockenbeerenauslese schmeckt ja meist auch exotischer als ein trockener Riesling –, ist in der Retrospektive und mit diesem Wein im Glas aber völlig sinnig!
Auch dass der Furmint-Anteil fast immer deutlich höher ist als der Hárslevelű-Anteil, lässt sich nachvollziehen. Denn bei aller Expressivität, aller Blütrigkeit und allem Schluckreflex den er auslöst, sind dem Wein seine Grenzen klar aufgezeigt. Die Struktur ist vergleichsweise langweilig. Ein großer Wein schmeckt anders. Während trockener Furmint gewohnter Weise eine wahnsinnige Tiefe und immensen Druck ins Glas bringt, ist der Hárslevelű von Kikelet nach ein paar Sekunden im Mund recht verhalten. Doch dann kann man ja einfach den nächsten Schluck hinterherlaufen lassen. Und wer noch nie einen Saufwein liebkost hat, werfe den ersten Stein!