Emmanuel Brochet – Le Mont Benoit Extra Brut
Vielleicht war ich etwas voreingenommen. Denn auf der Dachterrasse im Restaurant Storstad, wo ich den Champagner von Emmanuel Brochet getrunken habe, herrscht in den frühen Abendstunden im Schatten des eindrucksvollen Regensburger Doms wahrhaftige Sonnentanzstimmung. Dazu die Vorfreude auf sieben Gänge Sterneküche. Was schmeckt da schon nicht? Doch soviel Profi glaube ich mittlerweile zu sein. Objektivität? Auf keinen Fall! Meine Subjektivität reflektieren können? Na hoffentlich!
Und auch ordentlich reflektiert ist der Champagner von Emmanuel Brochet noch immer phänomenös! Wenn man diesen Champagnerstil verstehen möchte, muss man sich bewusst machen, dass es hier nicht um weiche Weine geht. Sowohl die Perlage als auch die Grundtextur aus Säure und Gerbstoff sind eher kantig, fast ein wenig brachial. Emmanuel Brochet lässt den Wein auch nur 24 Monate auf der Hefe. Das ist zwar länger als bei den meisten Industrieschaumweinen aber wesentlich kürzer als es für zahlreiche Spitzenchampagner üblich ist, die häufig erst nach fünf bis zehn Jahren degorgiert werden. Solche Champagner schmecken meist intensiv nach Butter, Brioche und gerösteten Haselnüssen.
Emmanuel Brochets Champagner tut das nicht. Hier geht es um unreife Mirabellen, anoxidierten Apfel, frisch geschnittene Champignons, Salzmandeln und eine Spur Honig. Und obwohl das kein Butter-Wein ist, spürt man eine unglaubliche Tiefe und eine Länge, die dann doch an Schmelz und Cremigkeit gewinnt. Und genau dieses Wechselspiel ist es, was den Champagner so umwerfend gut macht: Cremigkeit und Kantigkeit müssen kein Widerspruch sein, sondern können in einem dialektischen Verhältnis zueinander stehen. Emmanuel Brochets Champagner ist auf faszinierende Weise cremig und kantig zugleich. Womöglich kommt das von sehr hingabevoll gekelterten Grundweinen. Brochet lässt seine Weine nämlich recht lang – in diesem Fall elf Monater – sur lie im Fass liegen, was ihnen eine vielschichtigere Struktur verleiht. Was Emmanuel Brochet sonst noch so mit seinen Weinen macht – etwa dass seine Böden argilo-limoneux calcaire sind –, steht dankenswerterweise auf dem Etikett. Da kann man ja noch ewig weiter reflektieren.