Ruggeri – Prosecco Ladaltempo 2017 Brut
Dass Prosecco und Champagner nicht dasselbe sind, ist eine Binsenweisheit. Anders als Winzersekt, Cava, Corpinnat, Franciacorta, oder Crémant macht Prosecco aber auch keinerlei Anstalten sich der Champagne anzunähern. „Prosecco ist kein Champagner und Glera ist kein Chardonnay“, diesen Satz habe ich von jedem Prosecco-Produzenten gehört, mit dem ich mich bislang unterhalten habe. Die wenigen Experimente mit Méthode Traditionelle und Glera glücken meiner Ansicht nach nie so recht, da Glera als duftige, zarte Rebsorte auf genau die Frucht angewiesen ist, die die Flaschengärung in hefige Struktur ummünzt.
Ruggeri geht mit dem Ladaltempo einen anderen Weg und setzt auf langes Feinhefelager im Drucktank. Das verringert die Mikrooxidation und den Autolyse-Einfluss der Hefe. Im Fokus steht ganz klar die Frucht. „Wir wollten einen Prosecco machen, der die gleiche Seele hat, wie unsere anderen“, erklärt Kellermeister Andrea Canale die Entscheidung auch auf der Spielweise konsequent zu bleiben und auf Flaschengärung zu verzichten. Mit 6 Gramm ist der Prosecco zwar für venezianische Verhältnisse niedrig dosiert, für Brut-Nature-Aficionados ist die Fruchtsüße aber immer noch sehr präsent – was nicht verkehrt sein muss.
Auch wenn Frucht nicht das Erste ist, was mich an Wein und vor allem nicht an Schaumwein fasziniert, muss ich gestehen, vom betörend klaren Bouquet beeindruckt zu sein: feine sehr seriöse Aprikose, helle Mirabellen, Nashi-Birne, grüner Apfel, ungeröstete blanchierte Mandeln, aber keinerlei Röstaromen, wie man sie von einem lange sur lattes gereiften Flaschengärern erwarten würde. Prosecco und die Charmat-Methode treten hier sehr evident, aber weiterentwickelt auf, mit komplexer Kräuteraromatik, Kamille, Jasminblüten und Grünteecatechin. Fruchtig-frischer Schaumwein, geht wohl kaum besser.
Mit 49 € Preisempfehlung ist der Ladaltempo alles andere als günstig und vermutlich bekommt man in diesem Preisbereich anderswo – in Deutschland, in Katalonien und sogar in der Champagne – Schaumweine mit spannenderer Textur und komplexerer Aromatik. Sei’s drum, ich halte es für begrüßenswert, wenn Winzer und Regionen eigene Wege gehen, anstatt rotierend das Burgund, Bordeaux oder die Champagne zu kopieren. Lieber ein etwas zu teurer Prosecco mit ordentlich Handschrift als noch ein Baby-Champagner.